Die Abwasserreinigungsanlage Ebnat-Kappel setzt einen Meilenstein in der effizienten und zukunftsgerichteten Abwasserbehandlung. Mit der Einführung eines volldynamischen Sequencing-Batch-Reactor-(SBR)-Verfahrens und einer hochentwickelten Steuerungstechnologie der STEBATEC AG wird der Betrieb nicht nur energetisch optimiert , das Projekt ist ein Reallabor für die geplante Gesamterneuerung der ARA – und ein Beispiel dafür, wie bestehende Infrastruktur durch smarte Steuerung zukunftsfähig wird. Ein Generationenprojekt für das Obere Toggenburg.
Die bestehende ARA stammt aus den 1970er-Jahren und reinigt täglich das Abwasser von rund 6’500 EWG. Die technologische Entwicklung in der Abwasserreinigung geht klar in eine Richtung: Weg von starren Reinigungszyklen – hin zu intelligenten, bedarfsorientierten Systemen. Auf diesem Weg ist auch die Dorfkooperation Ebnat-Kappel unterwegs, die Eigentümerin der Anlage. Seit Anfang 2025 wird dort in Echtzeit gereinigt – mit einem System, das flexibel auf die tatsächliche Belastung reagiert. Die Vorteile: mehr Energieeffizienz, höhere Betriebssicherheit und bessere Reinigungsleistung.
Vom «Schema F» zur Echtzeitsteuerung
Klassische Abwasseranlagen laufen nach einem fixen Ablauf – unabhängig von der tatsächlichen Belastung. „Das Problem: Man fährt immer mit Volllast – auch wenn das gar nicht nötig wäre“, sagt Beat Anderegg, Klärwerkmeister der ARA. „Das ist weder wirtschaftlich noch ökologisch sinnvoll. Ich war überzeugt, dass es besser geht.“
Diese bessere Lösung fand er im volldynamischen SBR-System von STEBATEC. Die Steuerung kombiniert moderne Sensorik mit intelligenter Software. Sie misst laufend die Konzentrationen von Ammonium, Sauerstoff und Nitrat – und passt die Reaktorprozesse in Echtzeit an. Das bringt klare Vorteile:
- Hohe Belastung → maximale Reinigungsleistung
- Niedrige Belastung → minimaler Energieeinsatz, z. B. bei der Belüftung
- Immer punktgenau so viel wie nötig – nie mehr, nie weniger
„Bis Ende 2024 haben wir stumpf nach Schema F gearbeitet“, ergänzt Roman Berweger, stellvertretender Klärwerkmeister. „Heute trifft die Steuerung situative Entscheidungen für uns – das spart Strom und sorgt für gleichbleibend hohe Reinigungsqualität.“ Michael Pauli, Leiter Automation bei STEBATEC, bringt es so auf den Punkt: „Man kann sich das wie einen Kochtopf vorstellen. Unsere Software dosiert die Zutaten exakt – und passt das Rezept laufend an die Verschmutzung an. Das macht den Unterschied.“
SBR-Steuerung: Das smarte Gehirn der Anlage
„Die neue SBR-Steuerung ist das Gehirn der ARA – ohne sie läuft nichts“, sagt Simeon Grossenbacher, Projektleiter und Automationsingenieur bei STEBATEC. Nach rund neun Monaten Planung und Tests konnte Anfang 2025 die moderne Lösung in Betrieb gehen. Sie misst relevante Parameter, regelt die Reinigungszyklen intelligent und passt sich automatisch an Lastschwankungen an.
Klärwerkmeister Beat Anderegg ergänzt: „Die alte Steuerung war schlicht veraltet. Jetzt haben wir ein System, das technologisch überzeugt und langfristig Bestand hat.“ Sein Fazit: „Mit einem modernen Leitsystem holt STEBATEC mehr aus einer 50-jährigen Anlage heraus als jede bauliche Aufrüstung.“ Auch die IT-Infrastruktur wurde komplett erneuert – die ARA ist damit digital fit für die Zukunft.
Die neue Steuerung auf einen Blick:
- Kontinuierliche Messung relevanter Parameter (Ammonium, Nitrat und Sauerstoff)
- Intelligente Zyklussteuerung für Beladung, Reinigung und Entladung
- Automatische Anpassung bei Lastschwankungen
Vorteile im Betrieb:
- Weniger Energieverbrauch dank gesteuerter Belüftung
- Höhere Wasserqualität durch präzise Regelung
- Schnellere Reaktion auf wechselnde Zuläufe und Wetterlagen
„Diese Technologie reinigt in Echtzeit, und das ist für alle im Team nachvollziehbar“, so Anderegg. „Ein echter Technologiesprung. Zudem lässt sich das System durch unsere Betrieb selbst modular weiterentwickeln – das macht es besonders wertvoll.“
Erfahrungsgewinn für die ARA der nächsten Generation
Was in Ebnat-Kappel umgesetzt wurde, ist weit mehr als ein Upgrade – es ist ein Praxistest für die künftige Grossanlage. Denn die heutige ARA soll in den nächsten Jahren ersetzt werden – politisch entschieden ist das noch nicht. Trotzdem stellt sich jetzt schon die Frage: Welche Technologie bringt im Betrieb die beste Leistung – ökologisch wie ökonomisch?
„Wenn wir wissen, wie unsere neue Anlage einmal funktionieren soll, dann testen wir das jetzt“, sagt Anderegg. „So können wir mit echtem Wissen planen – nicht nur auf Basis von Simulationen.“
Vorteile des Pilotprojekts:
- Praxiserfahrung: Steuerung wird im Alltag getestet und weiterentwickelt
- Kosteneffizienz: Bestehende Infrastruktur bleibt – gezielte Investitionen
- Neue Erkenntnisse: Z. B. bei Starkregen – Meteorwasser schiebt Abwasser vor sich her
- Technologischer Hebel: Die Steuerung ist der digitale Taktgeber des Systems
Effizienz, Nachhaltigkeit und Alltagstauglichkeit
Die bisherigen Ergebnisse zeigen klar: Die Investition lohnt sich. Beat Anderegg empfiehlt, das System auch in anderen Anlagen zu prüfen – insbesondere dort, wo die Belastung stark schwankt: „Stadien, Festivals, Industrieparks, Tourismusregionen – überall ändern sich die Anforderungen laufend. Genau da spielt ein voll-dynamisches System wie das von STEBATEC seine Stärken aus. Von Charge zu Charge ist alles anders – und die Steuerung passt sich automatisch an.“
Die ARA Ebnat-Kappel beweist: Zukunftsfähige Abwasserreinigung braucht nicht zwingend aufwendige bauliche Massnahmen. Mit intelligenter Steuerungstechnologie lassen sich Betriebskosten senken, Energie sparen – und die Umwelt schützen.
